Übungsraum Online

Mit Jamulus kann man sich in einem virtuellen Übungsraum treffen und in Echtzeit miteinander musizieren. Ich schreibe hier nur die wichtigsten Punkte auf; Details gibt es im Internet. 

Damit alle Spaß haben, wäre es gut, wenn jeder VOR der geplanten Sitzung die Checkliste durchgeht:

  • Soundcheck: Mach vor der Sitzung einen Soundcheck. Stelle sicher, dass Du Tonsignale (Youtube-Video oder Ähnliches) gut in Deinem Kopfhörer hörst. Verbinde Dich mit einem beliebigen Jamulus-Server und probiere, ob Du Dich selbst hören kannst. Der linke Teil des Jamulus-Fensters zeigt Dir, was Du in den Übungsraum sendest. Im rechten Teil regelst Du, was Du aus dem Übungsraum hören möchtest.

  • Eigene Lautstärke: Jamulus hilft Dir bei der Einstellung, kann aber nicht alles alleine machen. Verbinde Dich mit einem Server, sing was und achte auf die Pegel-Anzeige auf der linken Seite. Grün ist gut, mehr Grün ist besser, Gelb ist grenzwertig, Rot ist zu laut. Wenn Du hier was ändern musst, geht das nicht in Jamulus, sondern in den Systemeinstellungen von Deinem Computer (Sound, Eingabe, Pegel) oder, wenn Du ein externes Audio-Interface hast, dort am Eingangsregler. Wenn Du links einen ordentlichen grünen Pegel hast, aber Dich selbst zu laut oder zu leise hörst, regle Deine Lautstärke nicht in den Systemeinstellungen, sondern in Jamulus auf der rechten Seite. Halte während der ganzen Probe den gleichen Abstand zum Mikrofon, sonst können die anderen Teilnehmer Deine Lautstärke nicht gut regeln.

  • Verzögerung und Puffergröße: Je weniger, desto besser, aber Dein Rechner hat seine Grenzen. Mit kleinerem Puffer erreicht man bessere Werte für die Verzögerung, aber wenn der Rechner nicht mitspielt, hat man ein hässliches Knarzen im Ton. Auch hier hilft Dir Jamulus mit der Verzögerungs- und Puffer-Anzeige: (mehr) Grün ist gut und (mehr) Rot ist schlecht. Die Puffer-Anzeige wird auch bei einer guten Einstellung immer wieder mal auf Rot springen, aber wenn das selten ist, wird Dein Sound gut sein. Wenn die Puffer-Anzeige überwiegend Rot ist, wird dein Ton knarzen. Je nach Rechner erlaubt Jamulus, Puffer von 2, 5 oder 10 ms auszuwählen, und kleine Netzwerkpuffer zu aktivieren. Während Du singst, stelle den Puffer so klein wie möglich ein, solange die Anzeige noch überwiegend Grün anzeigt. Es kann sich anhören wie in einem halligen Raum (z.B. neue Wohnung ohne Möbel), das ist normal. Wenn es sich eher nach Echo als nach Hall anhört (oder ein leeres Wohnzimmer mit mehr als 4876 qm), dann sind Deine Audio-Geräte oder Deine Internet-Verbindung nicht optimal, und Du musst was anderes ausprobieren. Kleines Detail im Einstellungsfenster: "Ping" ist die Zeit, die Dein Rechner zum Server braucht (guter Wert: unter 20 ms). "Gesamtverzögerung" schließt die Audio-Strecke mit ein (guter Wert: unter 50 ms). Wenn die Gesamtverzögerung deutlich mehr als doppelt so groß ist wie die Ping-Zeit, solltest Du ein anderes Mikrofon benutzen.

  • Nebengeräusche: Dein Mikrofon sollte so nah wie möglich an der Nutzquelle (beim Chor: Mund) und so weit entfernt wie möglich von Störquellen sein. Wenn Du Noten umblätterst, dann möglichst weit vom Mikrofon entfernt. Stelle das Mikrofon vor der Probe so auf, dass Du es nicht mehr berühren musst, sonst rumpelt es im Übungsraum. Fass das Mikrofon während der Probe nicht an; es erwartet Ton aus 10-30 cm Entfernung. 1 cm Entfernung ist zehnfache Lautstärke, und direkter Kontakt ist hundertfach oder mehr, Deine Mitsänger wissen es zu schätzen, wenn Du das vermeidest! 

  • Bedienung: Probiere in Deinem Soundcheck die Knöpfe aus. "Stumm" auf der linken Seite verhindert, dass andere Dich hören (ganz prima zum Husten oder wenn die Kiddies was wollen). "Stumm" auf der rechten Seite schaltet für Dich den Ton des entsprechenden Teilnehmers ab (prima um Störer, die es aber Dank dieser Anleitung nicht gibt, oder Falschsänger abzuschalten). Etwas gewöhnungsbedürftig ist die "Solo"-Funktion: Wenn mindestens ein Teilnehmer auf "Solo" gestellt ist, hörst Du nur diejenigen, die auf "Solo" stehen. Das ist nützlich, wenn wir uns mit mehreren Ensembles einen Raum teilen. Wenn wir allein in einem Raum sind, muss "Solo" entweder für alle Teilnehmer eingeschaltet oder für alle Teilnehmer ausgeschaltet sein, sonst hört man nicht alle.

Um zusammen zu üben, braucht jeder Teilnehmer folgendes:

  • PC oder Notebook: Das kann ein Rechner mit Windows 10 oder Linux sein oder ein Mac. Smartphone geht leider nicht Für Tablet gibt es eine experimentelle Android-Version, aber damit wird man allein wegen der WiFi-Anbindung keine guten Latenzwerte erreichen. Man braucht nicht unbedingt eine superflotte Kiste; wichtig ist vor allem, dass der Rechner den Ton in beide Richtungen möglichst unverzögert weiterreicht. Bei alten Modellen kann die eingebaute Soundkarte manchmal Verzögerungen verursachen; dann braucht man Kopfhörer und Mikrofon mit USB-Stecker statt Klinkenstecker, die haben eine eingebaute Soundkarte, die meistens schnell genug ist.

  • Kabelgebundener Kopfhörer: Ohne geht nicht. Lautsprecher verursachen Rückkopplungen, die die Sitzung für alle Teilnehmer unbrauchbar machen. Funk-Kopfhörer verursachen Verzögerungen und hebeln den ganzen Zweck von Jamulus aus. Nimm einen Kopfhörer mit Klinken- oder USB-Kabel, idealerweise mit Mikrofon, z.B. Homeoffice-Headset, Gaming-Headset, Smartphone-Headset. Kopfhörer ohne Mikrofon ist auch gut, wenn Du ein separates Mikrofon benutzt oder der Rechner ein eingebautes Mikrofon hat, das Du in Kombination mit Deinem Kopfhörer benutzen kannst. 

  • Mikrofon: Ideal ist ein Studio-Mikrofon in Kombination mit einem Audio-Interface, das man über USB an den Rechner anschließt (siehe meine Jambox unten). Damit erreicht man die besten Verzögerungswerte. Ein Mikrofon mit USB-Kabel kann genauso gut sein. Ein Mikrofon mit Klinkenstecker kann funktionieren, aber das hängt dann von der eingebauten Soundkarte am Rechner ab. Prüfe, dass Kopfhörer und Mikrofon sowohl in den Systemeinstellungen am Rechner als auch in den Ton-Einstellungen von Jamulus richtig eingestellt sind.

  • Internet-Verbindung: WiFi ist praktisch, kann aber zu Verzögerungen und Unterbrechungen führen. Wenn es irgendwie möglich ist, verbinde Deinen PC mit einem LAN/Ethernet-Kabel mit dem Router und schalte WiFi aus. Wer nur WiFi hat, kann es trotzdem versuchen; bei meinen Experimenten konnte ich teilweise gute Ergebnisse erzielen. Wenn die Verbindung in einer Sitzung nicht so gut ist, kann es ausreichen, einfach aus der Sitzung raus und nochmal neu reinzugehen. Während der Sitzung sollten auch keine weiteren Programme im Hintergrund laufen.

  • Software: Holt man sich einfach kostenlos bei Jamulus.

  • Übungsraum: Jamulus-Server gibt es massenweise frei zugänglich, z.B. die Pauluskantorei in Frankfurt oder der Madrigalchor in Aachen. Es können sich verschiedene Gruppen in einem Raum treffen; man schaltet einfach alle Leute, die man hören will, auf "solo", dann ist man unter sich und hört die anderen nicht. Bei melomax.live kann man sich auch kostenlos einen Server für eine Stunde buchen.
Wer eine eigene Anlage für seine Jamulus-Sessions haben will, kann sich für ca. 200€ eine Jambox mit allem Zubehör bauen, siehe Link unten.

Kurzanleitung:

Jamulus installieren und starten.

Unter "Ansicht - Mein Profil..." eintragen, wer man ist und was man kann:

Unter "Ansicht - Einstellungen..." oben links das richtige Audiogerät auswählen und unten links den Puffer so klein wie möglich wählen:


Im Beispiel hier sind die kleinsten Einstellungen gewählt, damit erreicht man die geringste Verzögerung. Allerdings können dadurch auch Tonstörungen entstehen; dann muss man höhere Werte einstellen.

Unter "Ansicht - Verbinden..." kannst Du einen Server aussuchen oder unten rechts den gewünschten Server eintragen. Hier im Bild ist z.B. die Pauluskantorei zu sehen. "Musiker 1/30) bedeutet, dass der Server 30 Teilnehmer erlaubt, und aktuell einer drin ist. Bevor Du Dich verbindest, solltest Du Dir darüber klar sein, wie viele Leute schon drin sind, und dass Du möglicherweise mitten in eine Probe platzt; vielleicht schaltest Du Dich besser vorher stumm (siehe unten). Mit einem Doppelklick auf den Servernamen verbindest Du Dich mit dem Server; oder wenn Du eine Serveradresse eingetragen hast startest Du die Verbindung mit dem Knopf verbinden:

Im Hauptfenster steuerst Du, wie Du mit den anderen zusammenarbeitest:

Links sind die eigenen Einstellungen ("Stummschalten" ist nützlich zum husten und niesen) und der eigene Status (Verzögerung mittelmäßig, Puffer frei, Mikrofon hört was).

Rechts ist der Übungsraum, da ist im Moment nur einer drin (ich selbst). "Solo" bedeutet, dass ich nur den einen höre und alle anderen (die hoffentlich noch kommen) nicht. Wenn mehrere da sind, kann ich mehrere auf Solo stellen; so können mehrere Ensembles im gleichen Raum arbeiten, ohne sich zu stören. Wenn wir in unserem eigenen Raum sind, können wir Solo ausgeschaltet lassen und hören dann einfach alle.

Weiterlesen:

  • Jamulus.io

  • Julia hat ausführlich dokumentierte Erfahrungen eines Kammerchors zu diesem Thema unter jungerkammerchor.eu im Netz gefunden.

  • Wer sich eine eigene Jamulus-Anlage basteln will, sollte sich mal die Jambox ansehen. Das ist ein eigener Rechner, auf dem sich Jamulus ungestört alleine breitmachen kann. Die Steuerung erfolgt über einen beliebigen Web-Browser im gleichen Netz, also am Tablet oder PC.

    Hier ist meine: 

    Jambox

    Von links nach rechts:
    - Raspberry Pi 4B 4GB mit 16GB SD und Kühlgehäuse (ca. 90€)
    - Behringer U-Phoria UM2 Soundkarte für USB (ca. 35€)
    - Marantz MPM-1000 Kondensatormikrofon (ca. 50€ einschl. Tischständer)
    - AKG K-72 Kopfhörer (ca. 35€)

    Damit erreiche ich teilweise unter 30 ms Verzögerung. Handhabung total einfach. Sound Spitze.















2 Kommentare:

  1. Lieber Markus,
    ich werde morgen teilnehmen. Der Verbindungsaufbau zu Deinem Server war im Moment nicht möglich. Aber zu anderen Servern hat er einwandfrei geklappt. Deswegen gehe ich davon aus, dass es morgen auch klappen wird. Liebe Grüße, Katharina

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  2. Danke Markus, das ist ja supertoll dokumentiert. Ich habe fast alles schon beim Lesen kapiert, und die Praxis macht den Rest...

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